Wie erkenne ich als Elternteil, dass mein Volksschulkind besondere Unterstützung in Mathematik braucht?
- schrambeate

- 5. Juli 2024
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 14. Apr.

🔍 Typische Anzeichen für Schwierigkeiten im Rechnen
Wenn du dich für diesen Blogartikel interessierst, dann hast du vielleicht das Gefühl, dass dein Kind in Mathematik Unterstützung braucht. Möglicherweise hast du bereits solche oder ähnliche Situationen erlebt:
Dein Kind vermeidet Rechenübungen und möchte sich nicht mit Zahlen beschäftigen. Hausaufgaben, speziell im Fach Mathematik, werden nur mit großem Widerwillen gemacht.
Dein Kind ist unentschlossen, welcher Rechenweg gegangen werden soll, und wendet manchmal wahllos Rechenstrategien an, die gar nicht zur konkreten Aufgabenstellung passen.
Dein Kind lässt sich von dir nicht helfen mit dem Argument: „In der Schule haben wir das anders gelernt.“ Dein Lösungsvorschlag stimmt aber überein mit dem, was in der Schule unterrichtet wird.
Dein Kind vermeidet nicht nur das Rechnen, sondern entwickelt auch Angst vor dem Schulfach Mathematik.
Dein Kind leidet oft unter Bauchschmerzen.
Ihr übt und übt, dabei entsteht immer mehr Frust, aber das Üben bringt wenig Erfolg.
Ihr habt es schon erfolglos mit Förderstunden und Nachhilfe versucht.
🧩 Was deine Beobachtungen bedeuten können
Vielleicht habt ihr schon viel geübt – doch die Erfolge bleiben aus, und der Frust wächst. Förderstunden oder Nachhilfe haben wenig verändert, und du fragst dich, ob dein Kind den Rückstand irgendwann aufholen wird – oder ob es mehr braucht als das.
Die genannten Anzeichen bedeuten nicht automatisch, dass dein Kind eine Rechenschwäche hat. Aber sie zeigen deutlich: Es braucht gezielte Unterstützung. Wenn der Fokus nur auf den nächsten Test oder den aktuellen Schulstoff gerichtet ist, bleiben die tieferliegenden Schwierigkeiten ungelöst. Das Kind fühlt sich überfordert, zieht sich zurück oder reagiert mit Widerstand – und der Druck steigt weiter.
❓ Was ist eine Rechenschwäche – und was ist Dyskalkulie?
Oft werden die Begriffe „Rechenschwäche“ und „Dyskalkulie“ gleichbedeutend verwendet – es gibt aber einen kleinen Unterschied:
Rechenschwäche beschreibt allgemein andauernde Schwierigkeiten beim Rechnenlernen. Sie kann verschiedene Ursachen haben und muss nicht dauerhaft sein.
Dyskalkulie ist der medizinisch-psychologische Fachbegriff für eine ausgeprägte und anerkannte Lernstörung im Bereich Mathematik. Sie ist meist genetisch oder neurologisch bedingt und bleibt oft ohne gezielte Förderung bestehen.
Wichtig: Beides hat nichts mit mangelnder Intelligenz zu tun! Kinder mit Rechenschwäche oder Dyskalkulie können genauso klug sein wie andere – oft haben sie sogar einen überdurchsnittlichen hohen IQ. Sie brauchen nur eine andere Art des Lernens.
Signale für Dyskkalkulie der Rechenschwäche
Nicht jede Schwierigkeit beim Rechnen bedeutet gleich eine Rechenschwäche. Aber wenn mehrere der folgenden Punkte auf dein Kind zutreffen, ist es sinnvoll, genauer hinzuschauen:
Ein grundlegendes Mengenverständnis ist nicht ausreichend entwickelt.→Manche Kinder können zwar bis 20 oder sogar 50 zählen, verknüpfen diese Zahl aber nicht mit einer tatsächlichen Menge. Sie sehen fünf Dinge nicht als „fünf“, sondern nur als einzelne Teile. Dabei ist genau dieses Verständnis von Menge eine wichtige Voraussetzung für alle weiteren Rechenprozesse – und sollte idealerweise schon im Kindergartenalter angelegt werden.👉 Zählen ist nicht dasselbe wie Verstehen – Zählen ≠ Mengenverständnis.
Dein Kind zählt selbst bei kleinen Aufgaben mit den Fingern.→Zu Beginn der 1. Klasse ist das völlig normal. Doch wenn Zählen die einzige Rechenstrategie bleibt, kann das langfristig zum Problem werden – besonders in größeren Zahlenräumen. Spätestens ab Ende der 2. Klasse sollte dein Kind beginnen, Mengen zu vergleichen, zu zerlegen und zu nutzen – anstatt sich von Zahl zu Zahl durchzuzählen.
Es erkennt Rechenfehler nicht – z. B. „3 + 2 = 12“ erscheint völlig plausibel.→ In der 1. Klasse kann das vorkommen. Im Laufe der 2. Klasse sollte ein erstes Gespür für richtige Ergebnisse entstehen.
Begriffe wie „mehr“, „weniger“, „größer“, „kleiner“ oder „doppelt so viel“ sind unklar.→ Diese Begriffe gehören bereits zur mathematischen Sprache der 1. Klasse und sollten dort gefestigt werden.
Es verwechselt Zahlen (z. B. 13 und 31 oder 6 und 9).→ Zahlendreher sind zu Beginn der 1. Klasse üblich, sollten aber bis zur 2. Klasse deutlich seltener auftreten.
Rückwärtszählen fällt schwer – besonders über Zehnergrenzen hinweg.→ Diese Fähigkeit entwickelt sich im Laufe der 1. Klasse und sollte bis zur 2. Klasse sicher beherrscht werden.
Rechenwege oder -strategien werden nicht verstanden oder nur auswendig gelernt.→ Spätestens ab der 2. Klasse sollte dein Kind beginnen, Rechenstrategien bewusst zu nutzen (z. B. Verdoppeln, Nachbaraufgabe).
Das Kind hat keine Vorstellung davon, ob eine Lösung „ungefähr stimmen“ kann oder nicht.→ Ein erstes Gefühl für Plausibilität entwickelt sich meist ab der 2. oder 3. Klasse.
Matheaufgaben lösen Stress, Tränen oder völligen Rückzug aus.→ Das kann in jeder Klasse passieren – wichtig ist, ob es regelmäßig vorkommt und dein Kind blockiert.
Auch nach viel Übung bleiben grundlegende Fehler bestehen.→ Wenn sich Rechenfehler über längere Zeit nicht verbessern, ist das ab der 2. Klasse ein klares Signal, genauer hinzusehen.
Dein Kind hat große Mühe, neue Rechenarten wie Malnehmen oder Teilen zu verstehen.→ Multiplikation und Division werden in der 2. Klasse eingeführt. Wenn dein Kind dabei nur auswendig lernt, ohne die Zusammenhänge zu begreifen, lohnt sich eine genauere Beobachtung.
Fehlendes Verständnis für Logik. →Kinder mit besonderen Herausforderungen im Fach Mathematik wenden oft Rechenstrategien mechanisch an ohne eine Idee zu haben, warum sie diese Strategien nutzen sollen.
Unverständnis bei Textaufgaben Was sind Textaufgaben?
Textaufgaben fordern Kinder auf, mathematische Probleme aus realen oder fiktiven Szenarien zu lösen. Sie kombinieren Lesefähigkeiten mit mathematischem Denken und verlangen, dass das Kind die Fragestellung versteht, die relevanten Informationen herausfiltert und die passende Rechenstrategie anwendet.
Probleme bei Textaufgaben:
Verständnisprobleme: Dein Kind versteht die Fragestellung der Aufgabe nicht oder kann die wichtigen Informationen nicht herausfiltern.
Fehlende Verknüpfung: Dein Kind kann die Textaufgabe nicht in mathematische Schritte übersetzen. Es fehlen grundlegende mathematische Konzepte, um die Aufgabe zu lösen.
Mechanisches Anwenden: Dein Kind wendet Rechenstrategien mechanisch an, ohne zu verstehen, warum diese Schritte notwendig sind. Es fehlt das Verständnis für die Logik hinter den Rechenschritten.
Sinnerfassendes Lesen (Leseverständnis) als Grund für Schwierigkeiten mit Textaufgaben
⏰ Warum frühzeitiges Handeln so wichtig ist
Vielleicht denkst du dir: „Das kommt schon noch – irgendwann macht’s Klick.“ Aber bei echten Rechenschwierigkeiten gilt: Was in der ersten oder zweiten Klasse schwerfällt, wird in der dritten und vierten Klasse nicht einfacher – im Gegenteil.
Wenn ein Kind z. B. kein sicheres Mengenverständnis entwickelt hat, hat es kein "Gefühl für Zahlen". Es weiß nicht, wie viel „20“ im Vergleich zu „2“ ist. In höheren Zahlenräumen fehlt dann jede Orientierung – besonders beim Überschreiten von Zehnergrenzen oder beim schriftlichen Rechnen.
Wenn dein Kind nur zählend rechnet, fehlt ihm eine echte Vorstellung davon, was es da eigentlich tut. Das Rechnen wird mühsam, langsam und fehleranfällig. In der dritten Klasse, wenn es um größere Zahlenräume, schriftliche Strategien oder Malreihen geht, stößt es schnell an Grenzen – und verliert oft den Anschluss an den Unterricht.
Gerade in der Grundschule ist es entscheidend, rechtzeitig zu fördern. Denn hier werden die Grundlagen gelegt, auf denen später alles aufbaut.
Was kannst du nun tun, wie kannst du dein Kind unterstützen?
Ich habe eine Checkliste erstellt. Eigentlich ist meine Checkliste eine Sammlung an Spielen und Fragen, anhand derer du überprüfen kannst, auf welcher Entwicklungsstufe dein Kind in Mathematik gerade steht. Wenn du diese Anleitungen durchgehst erkennst du auch als "Nichtexpertin" welche mathematischen Grundlagen dein Kind beherrscht, und wo es hapert. Ich stelle dir diese Checklist gerne zur Verfügung unter folgendem Link:

💡 Was kannst du als Elternteil außerdem tun?
Mach den Mathecheck. Auch kleine Hinweise können auf tiefergehende Schwierigkeiten deuten.
Sprich mit der Lehrperson.Sie kann wertvolle Rückmeldungen geben, wie dein Kind im Schulalltag zurechtkommt. In den meisten Fällen sind Lehrer:innen dankbar, wenn Eltern sich aktiv in die Förderung einbringen.
Hole dir Unterstützung.Eine Lernstandsanalyse oder lerntherapeutische Beratung bringt oft Klarheit – und eine klare Richtung.
Lies meine E-Mails.Ich teile mit dir nur Inhalte, die euch wirklich weiterhelfen können.
Bleib dran.Mathematische Kompetenzen bauen sich über Zeit auf – mit Geduld. Das heißt aber nicht, dass dieser Weg furchtbar mühsam sein muss.Dein Kind braucht neue Wege, Verständnis und eine passende Strategie.Mit kompetenter Begleitung kann Mathelernen wieder Spaß machen – und deinem Kind Selbstvertrauen zurückgeben.
Neue Wege beim Rechnen finden: "Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten. " Albert Einstein (Stangl, 2024).Mit einer guten pädagogischen Förderung findet ihr Wege deinem Kind die Mathematik wieder schmackhaft zu machen.
Glaub an dein Kind Im letzten Punkt habe ich Albert Einstein zitiert. Dieses mathematische Genie hatte Legasthenie (Lese- und Rechtschreibschwäche). Jedes Kind besitzt einzigartige Talente. Ein gutes Förderprogramm wird die Stärken deines Kindes betonen und nicht nur an seinen Schwächen arbeiten.
🤝 Fazit
Nicht jedes Kind, das in Mathe Schwierigkeiten hat, leidet unter Dyskalkulie. Aber jedes Kind verdient es, gesehen und verstanden zu werden – besonders dann, wenn Mathe zur Belastung wird. Frühzeitig hinzuschauen und gezielt zu fördern ist der beste Weg, um deinem Kind Mut zu machen und es auf seinem Lernweg zu begleiten.
Bei Verdacht auf Dyskalkulie kann ein spezialisierter Psychologe eine Diagnose erstellen. Das kann eventuell hilfreich sein um dem Kind weiteren Leistungsdruck zu ersparen. Denn eine Diagnose muss auch in der Schule anerkannt werden und bringt deinem Kind Erleichterungen. Viele Eltern leiden aber auch darunter, wenn ihr Kind den "Stempel Dyskalkulie" erhält.




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